William Shakespeare

Romeo und Julia

Tragödie in fünf Akten
Textfassung: Thomas Reichert
Uraufführung: ca. 1597, London
In deutscher Sprache mit Erläuterungen auf Englisch
Für Jugendliche und Erwachsene
Dauer: 1 Stunde 30 Minuten
Besetzung
Regie und Textfassung: Thomas Reichert
Kostüme: Edouard Funck
Bühne: Thomas Reichert, Günther Schöllbauer
Bühnenmalerei: Emanuel Paulus
Licht: Thomas Reichert, Alexander Proschek
Puppenköpfe: Leonhard Winkler
Puppenmalerei: Marion Mayer
Regieassistenz: Philipp Schmidt
Produktionsleitung: Philippe Brunner

Figurenbau: Vladimir Fediakov, Leonhard Winkler, Emanuel Paulus, Maximilian Kiener-Laubenbacher
Kostümschneiderei: Edouard Funck, Marion Mayer
Requisite: Eva Wiener, Ursula Winzer, Anne-Lise Droin
Schreinerei/Schlosserei: Vladimir Fediakov, Leonhard Winkler, Emanuel Paulus, Maximilian Kiener-Laubenbacher
Ton und Technik: Alexander Proschek

Mit Musik von: Bach/Kurtág, Ligeti, Mendelssohn Bartholdy, Messiaen, Ockeghem, Penderecki, Rota
Wir danken den Salzburger Festspielen für die Stoffpartnerschaft sowie Thoma Holz für die Zirbenholz-Spende.
Rolle
Sprecher:in
Marionettenspieler:in
Capulet
Stefan Merki
Vladimir Fediakov
Lady Capulet
Sibylle Canonica
Ursula Winzer
Julia
Juliane Köhler
Edouard Funck
Tybalt
Simon Zagermann
Emanuel Paulus
Montague
André Jung
Anne-Lise Droin
Lady Montague
Sibylle Canonica
Marion Mayer
Romeo
André Jung
Eva Wiener
Benvolio
Johannes Meister
Ursula Winzer
Mercutio
Thomas Limpinsel
Philippe Brunner
Paris
Stefan Wilkening
Philipp Schmidt
Pater Lorenzo
Sylvana Krappatsch
Maximilian Kiener-Laubenbacher
Klosterbruder
Matthias Bundschuh
Marion Mayer
Apotheker
Philippe Brunner
Ein Diener
Johannes Meister
Emanuel Paulus

Premiere: 24.10.2024

Artist Talk: Sa 26. Oktober im Anschluss an die Vorstellung

Die Firma Porsche mit der Marke ŠKODA unterstützt diese Neuproduktion durch die Patronanz für: Julia, Tochter des Grafen Capulet. Die Firma PALFINGER unterstützt diese Neuproduktion durch die Patronanz für: Romeo, Sohn des Grafen Montague.

Ensemble
Susanne Tiefenbacher
Geschäftsführung
  • geboren in Zell am See
  • Wirtschaftsausbildung und Studium der Kommunikationswissenschaften
  • berufliche Auslandsaufenthalte in Peking, Hongkong, Zypern und Portugal
  • selbstständige Unternehmerin im Bereich Eventmarketing und Kulturmanagement, Produktionsleitung von Festivals
  • Geschäftsführerin des Winterfest Salzburg (Festival für zeitgenössischen Circus)
  • seit 2020 am Salzburger Marionettentheater
Philippe Brunner
Künstlerischer Direktor, Marionettenspieler
  • geboren in Berlin
  • Studium der Musikwissenschaften und der Englischen Literatur
  • Gründung und Leitung der Jungen Marionettenoper Berlin
  • Organisation bei den Internationalen Musikfestwochen Luzern und den Berliner Festspielen
  • Produktionsleitung bei ECM Records München
  • seit 2003 am Salzburger Marionettentheater
Anne-Lise Droin
Marionettenspielerin, Schneiderei
  • geboren in Genf
  • Ausbildung zur Kindergartenpädagogin
  • Puppenspielerin, Puppenwerkstatt am Genfer Marionettentheater
  • seit 2010 am Salzburger Marionettentheater
Pierre Droin
Marionettenspieler
  • geboren in Genf
  • Studium der Kunstgeschichte
  • Puppenspieler, Puppenbauer und Regisseur am Genfer Marionettentheater
  • seit 1990 am Salzburger Marionettentheater
Vladimir Fediakov
Marionettenspieler, Bildhauer, Schnitzer, Puppenbauer
  • geboren in Moskau
  • Ausbildung zum Automechaniker
  • LKW-Fahrer, selbständiger Taxi-Fahrer
  • Möbelrestaurator
  • seit 2000 am Salzburger Marionettentheater
Edouard Funck
Marionettenspieler, Kostümschneiderei
  • geboren in Paris
  • Schneidermeister: Ausbildung an der Ecole Paul Poiret für darstellende Kunst Paris
  • Kostüm Supervisor für Stage Entertainment, Cirque du Soleil, Oper Leipzig
  • freischaffender Kostümbildner
  • 2011 bis 2017 und seit 2019 am Salzburger Marionettentheater
Heide Hölzl
Marionettenspielerin
  • geboren in Salzburg
  • Ausbildung zur Schneiderin an der Gewerbeschule Salzburg
  • Damenschneiderei für Theater
  • seit 1960 am Salzburger Marionettentheater – eigentlich in Pension, aber nach wie vor aktiv
Maximilian Kiener-Laubenbacher
Marionettenspieler, Werkstatt
  • geboren in Regensburg
  • Gesangsstudium an der Universität Mozarteum
  • freischaffender Sänger und Gesangslehrer
  • seit 2019 am Salzburger Marionettentheater
Marion Mayer
Marionettenspielerin, Kostümschneiderei
  • geboren in Salzburg
  • Fachhochschulen für Mode- und Bekleidungstechnik sowie Keramik und Ofenbau
  • Schneidermeisterin, Keramik- und Hafnergesellin
  • Tätigkeit im Einzelhandel
  • seit 2015 am Salzburger Marionettentheater
Emanuel Paulus
Marionettenspieler, Bühnenmalerei, Werkstatt
  • geboren in Schwarzach
  • Maler und Anstreicher
  • seit 2007 am Salzburger Marionettentheater
Philipp Schmidt
Marionettenspieler, Assistent des künstlerischen Direktors
  • geboren in Göttingen
  • studierte Musiktheorie, Musikwissenschaft und Linguistik
  • Lehrbeauftragter für Musiktheorie an der Hochschule für Musik Weimar
  • Lektor und Notensetzer für verschiedene Musikverlage
  • seit 2022 am Salzburger Marionettentheater
Eva Wiener
Marionettenspielerin, Requisite
  • geboren in Klagenfurt
  • Ausbildung zur Textilfachfrau an der HTL Textil
  • seit 1990 am Salzburger Marionettentheater
Ursula Winzer
Marionettenspielerin, Requisite
  • geboren in Hallein
  • Ausbildung zur Textilfachfrau
  • Verkauf und Beratung beim Heimatwerk
  • Diplomierte Feng Shui-Beraterin
  • seit 1986 am Salzburger Marionettentheater
Günther Schöllbauer
Technische Leitung, Bühnenmeister
  • geboren in Salzburg
  • Ausbildung zum Elektrotechniker
  • technische Leitung Kleines Theater (Salzburg) und Metropolis
  • Beleuchtungsmeister Salzburger Landestheater
  • seit 2019 am Salzburger Marionettentheater
Alexander Proschek
Technik
  • geboren in Wiener Neustadt
  • Diplomstudium Digitale Medientechnologien
  • selbstständiger Ton- und Lichttechniker
  • leidenschaftlicher Musiker
  • seit 2016 am Salzburger Marionettentheater
Barbara Ortner
Assistenz der Geschäftsführung, Office-Management
  • geboren in Salzburg
  • Ausbildung zur Touristikkauffrau
  • Rezeption und Veranstaltungsorganisation in diversen Hotels
  • seit 1999 am Salzburger Marionettentheater
Christine Gropper
Finanzen, Förderwesen, strategisches Marketing, Nachhaltigkeitsbeauftragte
  • geboren in München
  • Studium der Kulturgeographie und des Landschafts-, Regional- und Stadtmanagements in Erlangen, Salzburg und Buenos Aires
  • Aufbaustudium Kulturmanagement
  • Ticketingleitung Filmkulturzentrum Das Kino, Salzburg
  • Produktionsleitung Winterfest (Festival für zeitgenössische Circuskunst), Salzburg
  • seit 2021 am Salzburger Marionettentheater
Silvia Greisberger
Kassa
  • geboren in Salzburg
  • Sprachenstudium
  • Rezeption und Hotelreservierung
  • Kartenverkauf bei einer Konzertagentur
  • seit 2021 am Salzburger Marionettentheater
Andrea Schmirl
Kassa
  • geboren in Innsbruck
  • Sprachenstudium
  • Stadtführerin in Innsbruck
  • Verkauf im Reisebüro
  • seit 2005 am Salzburger Marionettentheater

Der Vorstand des Trägervereins

  • Claus Spruzina
  • Suzanne Harf
  • Hannes Eichmann
  • Kurt Lassacher
  • Brigitte Lindner
  • Anton Santner
  • Birgit Limmert
Inhalt

Erster Akt

Seit Generationen trennt eine verbitterte Feindschaft zwei große Familien in Verona: Die Capulets und die Montagues. Wieder einmal entzündet sich auf offener Straße ein gewaltsamer Streit, an dem sich schließlich sogar die Familienoberhäupter beteiligen. Erst ein Dekret des Fürsten unterbricht die Unruhe: Wer künftig bei einer Streiterei erwischt wird, soll mit dem Tod bestraft werden.

Romeo Montague war bei den Unruhen nicht dabei; er versinkt in Liebeskummer um seine Angebetete Rosalinde und lässt sich auch von seinem besten Freund Benvolio nicht aufheitern.

Unterdessen laufen im Hause Capulet die Vorbereitungen für ein großes Fest. Der junge Graf Paris hält bei Capulet um die Hand von dessen Tochter Julia an und wird zum Fest eingeladen. Lady Capulet versucht, ihrer Tochter die Hochzeit mit Paris schmackhaft zu machen.

Romeo und seinen Freunden Benvolio und Mercutio gelingt es, sich maskiert auf das Fest der Capulets zu schleichen. Als dort Tybalt, ein Neffe Capulets, Romeo erkennt und ihn verjagen will, wird er von Capulet zurückgehalten. Schließlich sehen sich Romeo und Julia zum ersten Mal und verlieben sich augenblicklich ineinander – um sich gleich danach mit Entsetzen ihre Nachnamen zu verraten.

Zweiter Akt

Romeo gelingt es, sich nach dem Fest von seinen Freunden loszureißen und noch einmal in den leeren Tanzsaal der Capulets zu schleichen. Dort trifft er auf die von ihren Gefühlen überwältigte Julia und versichert ihr, es mit ihr ehrlich zu meinen: Beide gestehen sich ihre Liebe und versprechen einander, am nächsten Tag heimlich zu heiraten.

Romeo bittet seinen Beichtvater Pater Lorenzo um die Trauung mit Julia. Dieser erinnert Romeo an Rosalinde und wirft ihm Unbeständigkeit vor. In der Hoffnung auf eine mögliche Versöhnung der Familien durch diese Ehe willigt Lorenzo aber schließlich ein und verheiratet Romeo und Julia.

Dritter Akt

Auf den Straßen Veronas kommt es zu Schmähungen zwischen Tybalt und Romeos Freunden. Romeo bittet Tybalt um Frieden. Mercutio, der von Romeos Heirat mit Julia nichts weiß, gerät dadurch in Rage und zieht das Schwert gegen Tybalt. Im Zweikampf wird Mercutio von Tybalt erstochen und verflucht sterbend die beiden Häuser. Im Affekt tötet daraufhin Romeo Tybalt.

Während Julia auf Romeos nächtlichen Besuch wartet, erzählt ihr ihre Mutter von Romeos Mord an Tybalt und seiner Verbannung aus Verona. Julias anfängliche Wut gegenüber Romeo schlägt schließlich in Mitgefühl um.

Bei Pater Lorenzo erfährt Romeo von seiner Verbannung und ist verzweifelt, Julia verlassen zu müssen. Lorenzo rät ihm, sie in der Nacht noch einmal heimlich zu besuchen und am nächsten Morgen nach Mantua zu fliehen; er selbst möchte bei passender Gelegenheit die Hochzeit öffentlich verkünden.

Paris erkundigt sich unterdessen bei Capulet, ob Julia seinen Antrag annehme – Capulet legt die Hochzeit ohne Julias Einwilligung auf drei Tage später fest.

Im Morgengrauen nehmen Romeo und Julia ohne Aussicht auf ein Wiedersehen voneinander Abschied. Die im Kummer versinkende Julia wird daraufhin von ihren Eltern mit der bevorstehenden Hochzeit mit Graf Paris konfrontiert. Als sie sich brüsk zur Wehr setzt, bricht Capulet in Wut aus und droht, sie bei weiterer Widerrede zu verstoßen.

Vierter Akt

Paris erzählt Pater Lorenzo von den Hochzeitsplänen, als Julia dazukommt. Unter dem Vorwand der Beichte schickt Lorenzo Paris fort. In der scheinbar ausweglosen Situation entwickelt Lorenzo mit Julia einen Plan: Er gibt ihr einen Trank, der sie für einen Tag in einen todesähnlichen Schlaf versetzen wird. Romeo soll brieflich eingeweiht werden, um sie aus der Totengruft der Familie Capulet zu entführen.

Im Hause Capulet laufen derweil die Hochzeitsvorbereitungen. Um keinen Verdacht zu riskieren, bittet Julia ihren Vater um Verzeihung. In seiner Euphorie darüber verlegt Capulet die Hochzeit auf einen Tag nach vorne.

Am Hochzeitstag wird Julia scheintot in ihrem Bett gefunden. Das allgemeine Entsetzen wird durch Pater Lorenzo unterbrochen, der darauf drängt, Julia in die Totengruft zu bringen.

Fünfter Akt

Anstatt Lorenzos Brief zu erhalten, hat Romeo von Julias Tod erfahren. Verzweifelt kauft er bei einem Apotheker Gift, womit er sich neben Julia umbringen will.

In der Gruft bewacht Paris Julias Grab. Als Romeo eindringt, kommt es zum Zweikampf und Paris fällt. Nach einem letzten Blick auf Julia leert Romeo das Gift und stirbt.

Pater Lorenzo kommt in die Gruft und findet den toten Romeo. Als Julia erwacht und Romeo sieht, kann Lorenzo sie nicht mehr dazu bringen, mit ihm zu fliehen. Allein zurückgeblieben nimmt sich Julia mit einem Dolch das Leben.

Erst als die verbliebenen Familienmitglieder die Toten in der Gruft finden, werden sie sich der verheerenden Folgen ihrer Dauerfehde bewusst.

Über das Stück

Statement des Regisseurs Thomas Reichert

Romeo und Julia – die größte Liebesgeschichte aller Zeiten, voller Poesie und doch ohne falsche Sentimentalitäten, schon von Shakespeare in krasser Direktheit erzählt – hat am Schluss sechs Tote. Die Frage drängt sich auf: Wie kann es sein, dass eine Geschichte von vor-vorgestern auch heute noch so aktuell ist? Welch bitteres Zeugnis stellt diese Tatsache unserer Wirklichkeit aus? Wir sind wohl nicht in der Lage, eine Umgebung zu schaffen, in der unsere Kinder zu friedlichen Erwachsenen aufwachsen, und so werden Konflikte von Generation zu Generation weitergereicht.

Da sind Romeo und Julia, die ihre Liebe nur durch Selbstmord retten können. Sie bekommen einfach keine Chance, friedfertig erwachsen zu werden. Vier weitere Tote sind Opfer dieser Unvereinbarkeit von Liebe und gesellschaftlichen Zwängen.

Diese Geschichte von Hass, Neid, Eifersucht und größter Liebe können Marionetten ganz besonders stark erzählen, da sie – nur aus Holz und scheinbar leblos – die uneingeschränkte Projektionsfläche von Gefühlen und Gedanken jedes einzelnen Zuschauers sein können.

„Die Puppen erwachen erst beim Betrachter zum Leben“ – Interview mit Thomas Reichert

Herr Reichert, im Rahmen von PUPPETS! - Das Festival bringt das Salzburger Marionettentheater unter Ihrer Regie Shakespeares „Romeo und Julia“ in einer Neuinszenierung auf die Bühne. Inwiefern ist die Thematik der Tragödie rund um bedingungslose junge Liebe auch heute noch aktuell?

Thomas Reichert: Wie das bei Klassikern nun mal ist – sie sind bis heute aktuell, weil sie uns immer noch etwas zu sagen haben. Das ist einerseits schön, andererseits muss man eigentlich sagen, leider ist Shakespeare immer noch aktuell. Nehmen Sie „Romeo und Julia“. Das ist zwar eine wunderschöne Liebesgeschichte, aber am Ende gibt es sechs Tote. Und leider hat diese Geschichte in der heutigen Zeit spürbar an Aktualität gewonnen. Schauen Sie nur mal in den Nahen Osten, wenn dort eine Jüdin und ein Araber „fall in love“, wie es auf Englisch so treffend heißt, dann brauche ich den Rest der Geschichte wohl nicht zu erzählen. Dagegen ist Shakespeare wahrscheinlich relativ harmlos.

Worin liegen die Herausforderungen bei der Adaption eines klassischen Stücks wie diesem für das Marionettentheater?

Im Grunde bleibt es erst mal gleich, wer die Darsteller sind. Manche Dinge sind mit Puppen leichter, andere hingegen schwerer umzusetzen als mit menschlichen Schauspielern. Egal in welchem Metier, hat mich als Regisseur eher immer interessiert, was mir das Stück, auf das ich mich einlasse, heute noch erzählen kann. Wobei jedes Stück schon allein dadurch heutig wird, dass wir es heute spielen, die Spieler von heute sind und ich als Regisseur natürlich auch von heute aus denke. Das lässt sich gar nicht vermeiden.

Was macht die Faszination am Spiel der Puppen für Sie aus?

Als ich das erste Mal hier am Salzburger Marionettentheater war, das war 2005. Ich habe damals gerade am Schauspielhaus in Graz gearbeitet, da rief plötzlich Salzburg an. Die Salzburger Festspiele planten für 2006, alle 22 Mozart-Opern auf die Bühne zu bringen, das Salzburger Marionettentheater sollte die Erarbeitung von „Bastien und Bastienne“ und „Der Schauspieldirektor“ übernehmen. Und dabei kam ich ins Spiel. Ich hatte bislang nichts weiter mit Puppen zu tun gehabt, kannte nur das Figurentheater von meiner Schwester, das bekannte Kabinetttheater in Wien. Ich war also das erste Mal hier und ging eines Abends nochmals alleine an der Bühne vorbei. Dort liefen gerade die Vorbereitungen für die Abendvorstellung. Aus dem Augenwinkel sah ich eine Figur, die gerade für das Spiel am Abend eingesetzt wurde. Wobei, eigentlich war es genau andersherum, denn die Figur sah vielmehr mich, kam auf mich zu, verbeugte sich und ging wieder. Mit dieser kleinen Begebenheit war ich dem Charme dieser Figuren komplett verfallen. Denn obwohl die Puppen aus Holz sind und keine lebendigen Darsteller, erwachen sie in der Vorstellung des Publikums zum Leben, und das ist tatsächlich das Faszinierende daran. Der Zuschauer muss dabei aktiv mitarbeiten, um die Figuren lebendig werden zu lassen, was eine besondere Form der Fantasie und Vorstellungskraft erfordert, ähnlich wie bei Kindern im Spiel.

Die Puppen können zwar verschiedenste körperliche Haltungen einnehmen, haben aber keine Mimik. Macht es das dem Zuschauer nicht zusätzlich schwer, sich in die Figuren hineinzuversetzen?

Bei „Bastien und Bastienne“ hatten die Marionetten zum Beispiel gar keine Gesichter. Ich wollte damit vermeiden, dass die Puppen immer nur ein lustiges Gesicht machen oder immer nur ein trauriges. Also brauchte ich Figuren, die neutral waren, denn dann können sie mit ihrer Haltung, mit ihren Gesten, alles erzählen. Und im präzisen Führen der Marionetten, wo jede Geste etwas bedeutet, sind die Salzburger Puppenspieler:innen unglaublich gut.

Welches Publikum wird mit Romeo und Julia angesprochen?

Das ist ganz offen. Man muss sich nur bewusst sein, dass Marionettentheater eine analoge, hochhandwerkliche Kunst ist, auf die man sich auch einlassen muss. Für Kinder ist das meist überhaupt kein Problem, aber viele Erwachsene tun sich gar nicht so leicht damit – gerade in der heutigen Zeit, wo beinahe alles digital ist. Meist merkt man aber sehr schnell, ob das Puppenspiel etwas für einen ist oder nicht. Entweder kommen die Leute nach ihrem ersten Besuch nie wieder oder sie sind total verzaubert, dazwischen gibt es nicht viel.

Interview im Rahmen der SN-Beilage „111 Jahre Salzburger Marionettentheater“

Geschichte

Mit einer Aufführung von Mozarts Bastien und Bastienne gründet der Bildhauer Anton Aicher 1913 das Salzburger Marionettentheater. Er hat mit den Vorstellungen, welche er mit seiner ganzen Familie aufführt, so großen Erfolg, dass er noch im Herbst desselben Jahres auf die erste Gastspielreise geht. Das Repertoire wird rasch ausgebaut, für Kinder werden dutzende Märchenspiele inszeniert, im Mittelpunkt steht der Kasperl.

Anton Aicher

Als Hochzeitsgeschenk erhält Hermann Aicher 1926 von seinem Vater Anton das Marionettentheater, das dieser mit seinen technischen Kenntnissen zu einer echten Miniaturbühne ausbaut. In Zusammenarbeit mit dem Mozarteum werden immer anspruchsvollere Werke einstudiert. Bald stehen auch Mozarts „kleine“ Opern wie Apollo und Hyazinth oder Der Schauspieldirektor auf dem Spielplan.

In den Jahren 1927–1934 unternimmt das Theater Gastspielreisen nach Hamburg, Wien, Holland, sowie eine große Balkan-Tournee nach Istanbul, Sofia und Athen. 1936 folgen Moskau und Leningrad, wo in Sälen mit bis zu 2500 Besuchern gespielt wird. Dazu müssen neue, größere Marionetten gebaut werden. Zur besonderen Attraktion wird der „Sterbende Schwan“ mit einer Marionette, welche die legendären Ballerina Anna Pawlowa zum Vorbild nimmt.

Die Figur der Anna Pawlowa bei einem Gastspiel in Moskau/Leningrad 1936

In den Kriegsjahren wird das Theater als Fronttheater eingesetzt. Hermann Aicher wird 1944 zum Militär eingezogen und das Theater wird geschlossen. Unmittelbar nach Kriegsende 1945 beginnen die Marionetten wieder zu spielen. 1947 geben sie das erste deutschsprachige Gastspiel in Paris im renommierten Théâtre des Champs-Elysées. Es folgt eine intensive Tournee- und Gastspieltätigkeit bis Japan, Südafrika und Australien und es werden neue Produktionen inszeniert, allen voran Mozarts Die Zauberflöte. Innerhalb der nächsten Jahrzehnte wird das Repertoire um alle fünf großen Mozart-Opern erweitert. Mit Günther Schneider-Siemssen beschäftigt das Theater einen Bühnenbildner, der bis 1991 sämtliche Produktionen des Theaters ausstattet.

Historisches Szenenbild aus "Die Zauberflöte"

1959 wird der erste Theatersaal des Marionettentheaters im alten Borromäum wegen Baufälligkeit geschlossen und das Theater zieht für 10 Jahre in eine provisorische Spielstätte am Kapitelplatz.

1971 wird das neue, erstmals nach eigenen Wünschen gestaltete Haus in der Schwarzstraße mit Rossinis Der Barbier von Sevilla eröffnet. Nach Hermann Aichers Tod im Jahr 1977 übernimmt seine Tochter Gretl die Leitung. Es folgen Tourneen in ganz Europa, Amerika und Asien.

Zum Mozartjahr 1991 inszeniert Götz Friedrich Mozarts Così fan tutte.

1994/95 werden alle fünf Mozartopern für Fernsehen und Video mit Sir Peter Ustinov als Erzähler aufgezeichnet. In den 1990er Jahren entstehen mehrere Koproduktionen mit dem Salzburger Landestheater. Mit Carl Maria von Webers Oberon wirken die Salzburger Marionetten 1996 erstmals im kleinen Festspielhaus bei den Salzburger Festspielen mit.

Figuren aus C. M. von Webers "Oberon" für die Salzburger Festspielen 1996

Es folgt eine Zusammenarbeit mit den Osterfestspielen für Prokofieffs Peter und der Wolf mit Tobias Moretti als Sprecher. Zum 85. Geburtstag der Marionetten wird auf der Festung Hohensalzburg das Museum „Welt der Marionetten“ eröffnet.

Barbara Heuberger übernimmt die Geschäftsführung und 2001 feiert das Theater erstmals seit langer Zeit wieder die Premiere eines Schauspiels: Ein Sommernachtstraum von William Shakespeare. Im Dezember 2003 folgt die Premiere von Engelbert Humperdincks Oper Hänsel und Gretel.

Im Mozartjahr 2006 werden während der Salzburger Festspiele alle 22 Mozartopern gespielt. Das Salzburger Marionettentheater inszeniert in diesem Rahmen Bastien und Bastienne und Der Schauspieldirektor.

Für The Sound of Music erhält das Theater exklusiv die Lizenz, die Geschichte der Salzburger Familie von Trapp mit Marionetten zu adaptieren und damit die Möglichkeit, seine eigene Version des in der ganzen Welt bekannten Broadway-Musicals zu gestalten.

Kinder der Trapp-Familie aus "The Sound of Music"

Mit András Schiff live am Klavier werden Claude Debussys La boîte à joujoux (Die Spielzeugschachtel), sowie Schumanns Papillons einstudiert. Eine französische Fassung von The Sound of Music ergänzt ein vierwöchiges Paris-Gastspiel über Weihnachten und Neujahr 2011/12.

Im gleichen Jahr entsteht in Kooperation mit dem Salzburger Landestheater Der Kleine Prinz, ein Jahr darauf folgt Wagners Der Ring des Nibelungen in einer auf zwei Stunden komprimierten Fassung.

Mit dem Tod von Gretl Aicher 2012 endet nach drei Generationen die Inhaberschaft der Familie Aicher. Die bestehende Gesellschaft wird bis 2020 von Dr. Barbara Heuberger geleitet; die Gründung eines Trägervereins festigt deren Struktur und gewährleistet den Fortbestand der Institution.

Sein 100-jähriges Bestehen feiert das Salzburger Marionettentheater 2013 mit den Produktionen Schneewittchen und die sieben Zwerge sowie Alice im Wunderland.

Mit Neuproduktionen wie Fidelio von Ludwig van Beethoven werden neue szenische Wege beschritten und die Technik des Marionettenspiels verfeinert.

Szenenbild aus "Fidelio"

2016 wird das Marionettentheater als immaterielles Kulturerbe in die Österreich-Liste der UNESCO aufgenommen und wird für seine besondere Spielpraxis ausgezeichnet.

Seit 1913 führten das Salzburger Marionettentheater über 270 Gastspielreisen und Tourneen in alle Welt.

DIE BAUGESCHICHTE VON HAUS UND THEATERSAAL

Seit dem Jahr 1971 befindet sich das Salzburger Marionettentheater im historischen Gebäude in der Schwarzstraße 24 – auf der rechten Seite der Salzburger Altstadt, eigebettet zwischen Landestheater und Internationaler Stiftung Mozarteum und zwischen Salzach auf der einen und Schloss Mirabell mit seinem weltberühmten Garten auf der anderen Seite.

Nach der Gründung des Salzburger Marionettentheaters 1913 in einem Atelier im Salzburger Künstlerhaus, seiner Unterbringung im Turnsaal des alten Borromäum und nach einem 10 Jahre andauernden „Ausweichquartier“ im Kapitelsaal fanden die Marionetten schließlich ihr Zuhause in der Schwarzstraße 24. Und auch das Haus selbst blickt auf eine bewegte Geschichte zurück: Zwischen der Villa Lasser – also der heutigen Stiftung Mozarteum – und dem damaligen Stadttheater wurde 1893 an der Schwarzstraße von der Gräflichen Arco-Zinnebergischen Brauerei Kaltenhausen ein „Restaurations- und Saalgebäude” errichtet. Architekt war Carl Demel, Baumeister Valentin Ceconi. 1897 wurde das Saalgebäude zum „Hotel Mirabell” umgewandelt.

Bis 1968 befand sich in den Räumlichkeiten des Hotels das Mirabell-Casino. Im Jahr 1970 begannen die Umbauarbeiten, um dem Salzburger Marionettentheater eine neue Spielstätte zu geben. Der ehemalige Speisesaal des Hotels wurde zum Zuschauerraum mit Bühne umfunktioniert. Er beeindruckt noch heute mit seinem reichhaltigen Stuck und opulenter Malerei. Auch im Foyer stieß man bei einer Reparatur im Jahre 2000 auf den ursprünglichen, prächtigen Stuck und seit dem Jahr 2003 erstrahlt die Decke des Foyers wieder in altem Glanz.

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      Mitgliedsbeitrag Förderer: € 100,– pro Jahr

      Im Vorstand: Harald Labbow, Julia Heuberger-Denkstein, Barbara Ortner, Nina Eisenberger, Julia Skadarasy, Katharina Schneider, Eva Rutmann, Franziska Wizany

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